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Forum Infoclips

Für Hito Steyerls Arbeit "Social Sim" haben wir Parameter entwickelt, die einige maßgebliche Gefährdungen für die Demokratie erfassen. Für die Kunstsammlung NRW sind zusätzlich Videoclips entstanden, die diese Parameter kommentieren.

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bisherige Forum-Infoclips:

Predictive policing verbindet verschiedenste Datensätze und soll so Verbrechen verhindern, bevor sie begangen werden. Die Methode ist hinsichtlich ihrer tatsächlichen Wirksamkeit und vor allem aus Datenschutzgründen stark umstritten. Aktuelle Fälle von nicht autorisierten Datenabfragen aus den Reihen der Polizei, die im Zusammenhang mit rechtsextremen Drohschreiben stehen, zeigen bereits jetzt erhebliche Sicherheitslücken auf. Die Entwicklung zum algorithmusbasierten Predictive Policing könnte die Polizei zunächst an sich selbst erproben, um Vertrauen zurück zu gewinnen.

Der deutsche Propagandafilm „Germanen gegen Pharaonen“ von 1936, folgt einem Drehbuch, dass sich im neurechten Milieu nach wie vor unverändert abspielt. Ein Wissenschaftler und seine Arbeit wird von vermeintlichen Skeptikern und sogenannten Pangermanisten angezweifelt. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden mit völkischen Ideologien konfrontiert, die anhand von willkürlich zusammengetragener Indizien und Behauptungen nachweisen sollen, dass selbst die Cheops-Pyramide auf germanisches Wissen und germanische Ursprünge zurückzuführen ist. Historische und wissenschaftliche Erkenntnisse und Tatsachen werden geleugnet. Ziel dieser pseudowissenschaftlichen Intervention ist es, die Erzeugnisse vergangene Hochkulturen zu Zeugen einer überlegenden arischen Rasse umzudeuten. Gerade der starke Bezug auf alte Kulturen und Überlieferungen, machen diese Mythen bis heute so attraktiv für die rechte Szene. Das Bedürfnis sich mit einer alten germanischen Tradition zu identifizieren wird durch die lange Tradition der völkischen Pseudowissenschaft unterlegt und damit erst gerechtfertigt.

„Im Kunstwerk werden wir Eins sein“, schrieb Wagner in „Das Kunstwerk der Zukunft“ (1850) und brachte damit die tiefe Sehnsucht nach nationaler Einheit auf eine Formel. Der deutsche Mythos von der Kultur als Basis nationaler Identität wurde später zum Mythos der Rettung der Deutschen durch eine vermeintlich arische Kultur. Wagner ist eines der prominentesten Beispiele für einen Künstler, bei dem immer wieder die Trennung von Werk und Autor gefordert wird. Generell dient die Trennung von Werk und Autor zur kulturellen Selbstentlastung und zur Rehabilitation des deutschen Kulturerbes und seiner Autoren. Diese entlastende Scheinargumentation ist heute noch für Menschen attraktiv, die sich durch die Interpretation ihrer eigenen Aussagen in die sogenannte rechte Ecke gestellt fühlen.

Im 13. Jahrhundert fand die Legende der Ritualmorde ihren Weg von England nach Deutschland. Sie besagt, dass Juden für magische und medizinische Rituale während des Pessach Fests christliche Kinder töten und ihr Blut trinken. Auch Martin Luther diente die Legende dazu, allen Juden heimliche Mordabsichten an Christen zu unterstellen. Die Jahrhunderte alte Ritualmordlegende lebt mit der aktuell populärsten Verschwörungsideologie „QAnon” wieder auf. Ihre Anhänger*innen behaupten, dass Eliten aus liberalen Globalisten und jüdischen Bankern mit dem in satanischen Ritualen gewonnenen Blut entführter Kinder ihr eigenes Leben verlängern wollen.

Mehr als 100 Waffen und zehntausende Schuss Munition sind aus dem Inventar der deutschen Streitkräfte und der Polizei verschwunden. Ende 2018 wurde ein umfangreiches Netzwerk von Rechtsextremisten in ganz Deutschland aufgedeckt. Das Hannibal-Netzwerk operierte in regionalen Gruppierungen in ganz Deutschland mit weiteren Niederlassungen in Österreich und der Schweiz und umfasste u.a. aktive Soldaten, Reservisten, Polizisten, Anwälte, Richter und Geheimdienstagenten. Seitdem werden immer neue rechtsextreme Strukturen und Zellen in Polizei und Militär aufgedeckt.

Interview mit Veronika Kracher (Journalistin und Autorin) Durch die Gamification (die Übertragung von spieltypischen Elementen in spielfremde Zusammenhänge) wird suggeriert, etwas sei ein Spiel und nicht die tatsächliche Aufgabe, die man vor sich hat. Dadurch wird vermittelt, man selbst sei auf einer epischen Reise, an deren Ende die persönliche Heldinnenwerdung steht. Es gibt eine Internetseite, die sich Encyclopedia Dramatica nennt und eine Art zynisches Wikipedia ist. Diese Seite zählt die Opfer von terroristischen Attentaten auf einer sogenannten Highscore-Liste.

Prepper (abgeleitet vom Englischen to be prepared - bereit sein) finden ihre politische Heimat in autoritären, militanten und rechtsextremen Milieus. In ständiger Erwartung der Apokalypse sehen sie jedes Anzeichen einer Krise als Beweis, sich auf den Tag X vorbereiten zu müssen. Der Tag X wird zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, deren Kern die Angst vor der Zerstörung der eigenen Kultur ist.

Interview mit Enrico Heitzer (Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen) Die Hufeisentheorie ordnet politische Parteien auf einer Skala in Hufeisenform an. In diesem Modell sind sich die politischen Ränder näher als die gemäßigten rechten und linken Parteien. So entsteht zunehmend auch eine Gleichsetzung zwischen linken Gruppierungen wie der Antifa und rechtsextremen Gruppierungen. Sie hat im wissenschaftlichen Kontext kaum Bedeutung und ist vor allem eine publizistische Kontroverse. Die Hufeisentheorie bietet die Annehmlichkeit, sich in einer postnationalsozialistischen Gesellschaft von der Vergangenheit zu entlasten.

Martin Heidegger gehört bis heute zu den am häufigsten übersetzten deutschen Philosophen. Er war von 1933 bis 1945 NSDAP-Mitglied. 2014 wurden seine „Schwarzen Hefte“ veröffentlicht. In diesen privaten Notizen Heideggers wird ein Antisemitismus und Faschismus explizit, der sich nicht nur auf sein Privatleben bezieht, sondern auch seine Philosophie der Seinsgeschichte kontaminiert. Heideggers Überlegungen zu Fragen von Kultur und Identität decken sich punktuell mit der „Blut und Boden“-Ideologie der Nationalsozialisten. In der inzwischen internationalen “Identitären Bewegung” von Russland bis Amerika, wird Heidegger auch heute als eine der zentralen Bezugsgrößen gehandelt.